Umgang mit Literatur
Literaturrecherche
Die Literaturrecherche für eine Hausarbeit, ein Referat oder eine andere Arbeit ist ein Teil der zu erbringenden Leistung. Deswegen soll die Recherche selbstständig durchgeführt werden. Das Auffinden, Sichten und Bewerten der verfügbaren Literatur ist eine wichtige Kompetenz im Studium. Nachdem Sie eine erste Recherche durchgeführt haben, können (und sollten) Sie ihre Funde aber mit dem:der Dozierenden besprechen. So vermeiden Sie auch, zu viele Texte zu lesen, die Sie am Ende nicht verwenden können.
Bei der Literaturrecherche gilt es, zwei häufige Probleme zu vermeiden: Zum Einen passiert es leicht, dass man zu viel Literatur findet. Zum Anderen besteht aber auch die Gefahr, wichtige Texte nicht zu finden, die vielleicht nicht an den offensichtlichen Stellen sofort ins Auge fallen. Deswegen ist es wichtig, die Recherche von verschiedenen Stellen aus zu starten, um am Ende nicht unbedingt sehr viel, aber dafür treffende Literatur zu finden. Es gibt nicht den einen Katalog, in dem man auf die relevante Literatur stößt. Daher ist es wichtig, die verschiedenen Recherchemöglichkeiten zu kennen.
Bei der Literaturrecherche sind zwei Strategien denkbar, die auch miteinander kombiniert werden können:
Bei der top-down- Recherche fängt man bei allgemeinen Überblickswerken an: etwa bei den Fachbibliographien (oft findet man entsprechende Literaturlisten auf den Webseiten der einzelnen Institute) oder bei Lexika. Dort erhält man einen Überblick über die für die jeweiligen Fächer relevante Grundlagenliteratur, so dass man weniger Gefahr läuft, wichtiges übersehen zu haben. Auf der anderen Seite benötigt man für speziellere Literatur über ein Thema andere Quellen.
Die bottom-up- Strategie setzt bei den bereits (aus Lehrveranstaltungen oder durch vorherige Recherchen) bekannten Texten an. Die Literaturverzeichnisse von Monografien, Aufsätzen und Artikeln dienen dann als Ausgangspunkt für weitere Recherchen. Damit ist es möglich, sich auch über ein spezielleres Thema einen breiten Überblick zu verschaffen. Man macht sich die Expertise der Autor:innen, um relevante von weniger relevanter Literatur zu unterscheiden. Gerade Qualifikationsarbeiten wie Dissertationen bieten meist einen guten Überblick über den Forschungsstand zu einem Thema. Darüber hinaus findet man so wichtige Literatur, die bei einer freien Recherche im Bibliothekskatalog vielleicht nicht gefunden worden wäre.
Lexika
Einen ersten guten Einstieg in die Literaturrecherche stellen religionswissenschaftlich relevante Lexika dar. Zum Einen bieten die Artikel einen kurzen Überblick über ein Thema. Zum Anderen enthalten Sie am Ende des Artikels meist eine Reihe von einschlägigen Literaturhinweisen. Diese können für eine detailliertere Beschäftigung mit dem Thema herangezogen werden.
Beachten Sie aber, dass sich eine Arbeit nie allein auf Lexikonartikel stützen sollte. Außerdem sind die Lexika (bzw. die einzelnen Bände) z. T. schon älter, so dass Sie sich nicht darauf verlassen können, dort auch tatsächlich aktuelle Literaturhinweise zu finden.
Handbuch religionswissenschaftlicher Grundbegriffe, 5 Bände, hrsg. von Hubert Cancik, Burkhard Gladigow und Karl Heinz Kohl, Stuttgart 1988–2002.
Religion in Geschichte und Gegenwart. Handwörterbuch für Theologie und Religionswissenschaft, 8 Bände, vierte Aufl. hrsg. von Hans Dieter Betz u.a., Tübingen 2000–2005.
The Encyclopedia of Religion, 16 Bände, hrsg. von Mircea Eliade, New York/London 1987.
The Encyclopaedia of Islam, 12 Bände, zweite Auflage hrsg. von P.J. Bearman, Th. Bianquis, C.E. Bosworth, E. van Donzel and W.P. Heinrichs, Leiden 1960–2004.
Encyclopaedia Judaica, 22 Bände, zweite Auflage hrsg. von Fred Skolnik, Detroit 2007.
Metzler Lexikon Religion: Gegenwart – Alltag – Medien, 3 Bände, hrsg. von Christoph Auffarth, Stuttgart u.a. 1999–2000.
Theologische Realenzyklopädie, in Gemeinschaft mit Horst Robert Balz et al. hrsg. von Gerhard Krause und Gerhard Müller, 36 Bände, Berlin/New York 1977–2004.
Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, 15 Bände, hrsg. von Hubert Cancik, Helmuth Schneider und Manfred Landfester, Stuttgart 1966 ff.
Historisches Wörterbuch der Philosophie, völlig neubearb. Ausg. des „Wörterbuchs der philosophischen Begriffe“ von Rudolf Eisler, unter Mitw. von mehr als 800 Fachgelehrten in Verbindung mit Günther Bien u.a. hrsg. von Joachim Ritter und Karlfried Gründer, 12 Bände, Darmstadt 1971–2004.
Bibliothekskataloge
Für die Suche insbesondere nach Monografien sind die Bibliothekskataloge eine gute Anlaufstelle. Der Katalog der Ruhr-Universität ist unter http://www.ub.rub.de/ zu erreichen.
Nicht alle Bücher sind jedoch in der Universitätsbibliothek verfügbar. Daher ist es auch lohnenswert, die Kataloge der Bibliotheksverbände zu durchsuchen und Bücher ggf. per Fernleihe zu bestellen. Die Hochschulbibliotheken in Nordrhein-Westfalen haben sich zum HBZ (http://www.hbz-nrw.de/) zusammengeschlossen. Eine gleichzeitige Suche in verschiedenen Bibliotheksverbünden bietet der KVK unter http://www.ubka.uni-karlsruhe.de/kvk.html.
Im so genannten “KatalogPLUS” der Universitätsbibliothek können Sie neben dem Bestand der Bibliotheken der RUB auch Literaturnachweise aus ausgewählten Datenbanken finden. Hierüber kann eine Suche nach Aufsätzen aus Zeitschriften und Sammelbänden und nach Werken, die nicht an der RUB vorhanden sind, stattfinden.
Tipps zur Recherche
In Bibliothekskatalogen suchen Sie Literatur in der Regel über Stichwörter. Denken Sie dann daran, auch Synonyme für Ihr Thema zu finden und auch englischsprachige Stichwörter auszuprobieren. Ihr Thema kann sehr spezifisch sein; überlegen Sie, unter welchen Stichwörtern man Veröffentlichungen finden könnte, die dieses Thema aufgreifen (wenn Sie bspw. Literatur zur Definition von Religionsgemeinschaften suchen, finden Sie nicht unbedingt ein gleichnamiges Buch – in einer „Einführung in die Religionssoziologie“ dagegen werden Sie sicher fündig).
Auch Bibliothekskataloge selbst arbeiten mit Verschlagwortungen. Diese finden sich bei den Angaben zu einem Buch. Vielleicht passt eine davon gut zu Ihrem Thema? Dann können Sie mit einem einfachen Klick feststellen, welche Bücher die Bibliotheksmitarbeitenden mit diesem Schlagwort markiert haben. Das hat den Vorteil, dass Sie sich nicht nur darauf verlassen müssen, dass Ihr Suchwort im Titel eines Buches vorkommt – in den Verschlagwortungen können auch allgemeine Themengebiete oder Inhalte aufgegriffen sein.
Haben Sie eine aktuelle Dissertation oder Habilitationsschrift zum Thema gefunden? Glückstreffer! Denn diese Qualifikationsarbeiten enthalten in der Regel selbst einen ausführlichen Forschungsstand zu ihrem Thema, der alle relevanten Veröffentlichungen aufgreifen sollte.
Wenn Sie ein einschlägiges Buch gefunden haben, sollten Sie im Regal auch einmal rechts und links davon schauen. In aller Regel stehen thematisch verwandte Bücher zusammen, so dass Sie hier Treffer erzielen können, auf die Sie durch den Katalog evtl. nicht gekommen wären.
Nehmen Sie zu Beginn Ihres Studiums auf jeden Fall an einer Einführung in die Universitätsbibliothek und die Bibliothekskataloge teil. Diese Führungen werden in aller Regel kostenfrei und regelmäßig von Bibliotheksmitarbeitenden angeboten.
Literaturdatenbanken
Um auch an Informationen über einzelne Aufsätze zu gelangen, sind Literaturdatenbanken ein geeignetes Mittel. Eine Übersicht über die Literaturdatenbanken, zu denen die RUB einen Zugang bietet, ist unter http://www.ub.ruhr-uni-bochum.de/DigiBib/Datenbank/Gesamt.htm zu finden. Für die Religionswissenschaft relevante Datenbanken sind noch einmal separat unter http://www.ub.rub.de/DigiBib/Fachinfo/TheoLink.htm aufgeführt. Eine spezifisch religionswissenschaftliche Literatursuche wird außerdem vom Fachinformationsdienst Religionswissenschaft über das Portal RelBib (https://relbib.de/) bereitgestellt.
Einige Literaturdatenbanken bieten die Möglichkeit, direkt auf die Online-Bestände der Zeitschriften zuzugreifen. Dies ist natürlich sehr komfortabel, da man sich das Heraussuchen der Zeitschrift und das Kopieren oder sogar eine Fernleihe erspart. Es sollte jedoch nicht das Kriterium für die Literaturauswahl sein, ob eine Zeitschrift online verfügbar ist.
Die Literaturdatenbanken können zum Teil nur aus dem Campus-Netzwerk der RUB erreicht werden. Führen Sie daher die Recherche am besten von einem Campus-Rechner aus oder verbinden Sie sich von außerhalb über VPN mit dem Universitätsnetz. Eine Anleitung hierfür finden Sie unter http://www.ub.ruhr-uni-bochum.de/DigiBib/Zugang_Extern.html.
Online-Quellen
Natürlich bietet sich auch die Möglichkeit einer Internet-Recherche. Beachten Sie jedoch, dass für Online-Quellen die gleichen Qualitätsmaßstäbe gelten wie für gedruckte Werke. Einige Internet-Dienste bieten ähnlich den Literaturdatenbanken eine komfortable Möglichkeit, Literatur zu finden. Dazu gehört beispielsweise Google Scholar (https://scholar.google.de/).
Eine ganze Reihe von Internet-Quellen ist jedoch nicht für den wissenschaftlichen Gebrauch geeignet. Dazu zählt allen voran die Wikipedia. In einer wissenschaftlichen Arbeit sollten Sie sie ebensowenig zitieren wie beispielsweise den Brockhaus. Viele Internetseiten bieten sich auch eher als Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchung an als als Referenz. Dies gilt zumeist auch für die Internetauftritte der Religionsgemeinschaften.
Umfassende Suche: DigiBib
Mit der DigiBib des HBZ (http://www.digibib.net/) steht eine Suchmöglichkeit bereit, die gleichzeitig verschiedene der genannten Quellen durchsuchen kann. Durchsucht werden etwa Bibliothekskataloge, Aufsatzdatenbanken und elektronische Volltexte. Eine Suche in der DigiBib deckt damit schon einige der oben genannten Recherchemöglichkeitenn unter einer einheitlichen Suchoberfläche ab. Damit ist die DigiBib ein guter Ausgangspunkt für eine umfassende Literaturrecherche. Weitere Quellen sollten dennoch berücksichtigt werden.
Wenn Sie Ihren Suchprozess dokumentieren, sparen Sie sich unter Umständen einige Arbeit. Notieren Sie zum einen die verwendeten Suchstichwörter und legen Sie zum anderen eine Liste aller im Katalog gefundener und in Erwägung gezogener Bücher an, auf der Sie vermerken, welches Buch wider Erwarten doch nicht in Frage kommt, welches vielleicht nicht am Platz war, und welches noch beschafft werden muss. Damit sparen Sie sich unter Umständen den doppelten Weg zum Regal bei einer erneuten Suche und können bei einer vertieften Suche gezielt den Pool an schon gesuchten Stichwörtern erweitern.
Literatur lesen und verstehen
Einordnung der Literatur
Eine wichtige Fähigkeit, die Sie im Laufe Ihres Studiums erlernen müssen, ist der routinierte Umgang mit Mengen an wissenschaftlicher Literatur sowie eine schnelle und zuverlässige Einschätzung ihrer Brauchbarkeit für Ihre Bedürfnisse. Dies ist auch Übungssache; einige Tipps möchten wir Ihnen aber trotzdem schon an dieser Stelle mit auf den Weg geben:
Dem Klappentext und/oder dem Inhaltsverzeichnis können Sie schon entnehmen, was das Ziel des Buches ist: Ist es eine Studie oder ein Lehrbuch; bietet es einen Überblick oder will es ein Thema vertiefen?
Grundsätzlich gilt: Nicht alles, was sich in universitären Bibliotheken findet, ist wissenschaftlich hochwertig. Hier finden sich ebenso populärwissenschaftliche Veröffentlichungen als auch normativ geprägte Publikationen einer bestimmten Herausgeberschaft. Hinterfragen Sie immer auch kritisch Prämissen, Vorgehen und Argumentationen eines Werkes.
Wer ist der:die Autor:in des ausgewählten Werkes? Aus welcher Fachrichtung oder Schule stammt er:sie? Was hat er:sie noch publiziert bzw. wo liegen seine:ihre Arbeitsschwerpunkte?
Von wann ist die Veröffentlichung? Ist sie hinreichend aktuell für das Thema? Stammt sie unter Umständen aus einer Zeit, die sich in der wissenschaftlichen Debatte niedergeschlagen haben könnte (z. B. Kolonialismus, Nationalsozialismus)?
In welcher Reihe oder in welchem Verlag ist die Publikation erschienen bzw. in welcher Zeitschrift der Aufsatz? Wofür steht diese Reihe/dieser Verlag/diese Zeitschrift? Wer sind ggf. die Herausgebenden?
Wie ausführlich, aktuell und wissenschaftlich ist das Literaturverzeichnis? Auf welche Fachrichtungen bezieht sich der:die Autor:in?
Lesetechniken
Nicht nur das Schreiben, auch das Lesen wissenschaftlicher Texte muss geübt werden. Je nach Interesse und Anforderung können dabei verschiedene Formen des Lesens angewendet werden. Vor dem Lesen sollte man sich daher überlegen, welche Ziele mit dem Lesen eines Textes verbunden sind. Dies bestimmt die Rahmenbedingungen der Lektüre:
Ist der Text Seminarlektüre, Grundlage für eine Hausarbeit oder Prüfungsinhalt?
Interessieren nur bestimmte Inhalte des Textes, oder geht es um einen allgemeinen Überblick?
Welche Vorkenntnisse zu dem Thema des Textes sind bereits vorhanden?
Wie viel Zeit kann für das Lesen aufgewendet werden?
Analytisches Lesen
Die wichtigste Lesemethode ist das analytische Lesen. Dabei sollen alle zentralen Begriffe eines Textes verstanden und die Thesen und Gedankengänge herausgearbeitet werden. Es soll sich kritisch mit dem Text auseinandergesetzt werden und sowohl gelungene Aspekte als auch Schwächen aufgedeckt werden. Hierbei kann die sogenannte PQ4R-Formel hilfreich sein:
Preview: Erster Überblick über den Text
Question: Fragen an den Text formulieren
Read: Lesen des Textes
Reflect: Reflektieren der Textinhalte und ihres Kontexts
Recite: Wiedergeben des Textinhalts (z. B. in Form eines Exzerpts)
Review: Rückblick über die Textlektüre
Beim Lesen des Textes ist es sinnvoll, mit Anstreichungen und Randnotizen zu arbeiten. So wird gleich beim Lesen Wichtiges von Unwichtigem unterschieden und der Inhalt kann leichter angeeignet werden. Außerdem erleichtert es das erneute Lesen des Textes zu einem späteren Zeitpunkt. Drei Formen der Anmerkung lassen sich unterscheiden:
Markierung: Entweder Anstreichung mit einem Textmarker oder Unterstreichung mit Blei- bzw. Buntstift. Es können auch verschiedene Farben für unterschiedliche Bedeutungen verwendet werden, z. B. Rot=Wichtig, Schwarz=Begriffe und Definitionen, etc.
Nichtsprachliche Anmerkungen: Mit kleinen Symbolen können Textstellen charakterisiert werden. Dies kann direkt im Text oder am Rand geschehen. Beispiele sind in der folgenden Tabelle aufgeführt.
Sprachliche Anmerkungen: Kurze Bemerkungen und Stichpunkte zu den Inhalten eines Absatzes und ähnliches können direkt am Rand vermerkt werden. Ausführlichere Gedanken können auch auf der Textrückseite notiert werden.
Markierungen und Anmerkungen sollten selbstverständlich nur bei Texten vorgenommen werden, die Ihnen persönlich gehören, nicht in ausgeliehenen Büchern. Daher ist es sinnvoll, entweder Anstreichungen in der digitalen Version eines Textes zu machen, etwa auf einem Tablet, oder mit Kopien bzw. Ausdrucken zu arbeiten. Die Lektüre auf dem Laptop/PC ist ebenfalls möglich, das Gelesene kann dabei aber oft kognitiv schlechter verarbeitet werden.
Strukturkategorie | Verbundene Frage/Erläuterung | Notiz am Textrand |
---|---|---|
Thema/Gegenstand | Worum geht es allgemein? | Thema |
Fokus | Worum geht es im Speziellen? | Fok. |
Forschungsfrage | Was soll herausgefunden werden? | FF |
Definition | Wie genau werden zentrale Begriffe verstanden? | Def. |
Ziel | Was ist das Ziel des Textes? Was möchte er herausfinden, zeigen, infragestellen o.ä.? | Ziel |
These/n | Was ist/sind die Antwort/en auf die Fragestellung? | T bzw. T1, T2, … |
Datenbasis | Mit welchem Material wird gearbeitet? An welches Material richtet sich die Fragestellung und werden Thesen abgeleitet? | Daten |
Methode/Theorie | Mit welcher Perspektive und welchem „Werkzeug“ nähert sich der Text dem Thema? Wie und auf welcher gedanklichen Grundlage wird die Fragestellung beantwortet? | M/T |
Forschungsstand | Was wurde zum Thema bzw. zum speziellen Fokus bislang an wissenschaftlicher Literatur veröffentlicht, auf die der Text aufbaut? | Fs |
Angekündigtes Vorgehen | Wie geht der Text im Einzelnen vor? Welche Schritte unternimmt der Text in seinem Verlauf? | Vorgehen |
Kernaussagen | Was sind die zentralen Aussagen des Textes? | • |
Aufzählung | Wo erwähnt der Text mehrere Punkte, die nacheinander abgehandelt werden? Insbesondere auch implizite Aufzählungen. | 1./2./3./… |
Für mich besonders relevant | Was ist darüber hinaus für mich, mein Projekt, meine eigene Fragestellung bzw. mein persönliches Interesse von Bedeutung? | ! |
Unverständlich | Welche Begriffe sind mir unklar? Welche Aussagen kann ich nicht nachvollziehen? | ? |
Widerspruch | Mit welchen Aussagen stimme ich nicht überein? | X |
„Querlesen“
Um in kurzer Zeit einen Überblick über die Kerninhalte eines Textes zu gewinnen, gibt es verschiedene Lesetrategien:
Selektives Lesen: Beim selektiven Lesen werden nur Teile des Textes gelesen. Die Auswahl der zu lesenden Abschnitte erfolgt so, dass möglichst die zentralen Informationen erfasst werden können. Je nach Bedarf können dann weitere Textteile hinzugezogen werden. Dabei kann man sich in etwa an folgendem Ablauf orientieren:
Zuerst wird, falls vorhanden, ins Inhaltsverzeichnis geguckt. Gibt es kein Inhaltsverzeichnis (etwa bei Artikeln), können die Zwischenüberschriften zu Rate gezogen werden. So kann ersehen werden, wie der:die Autor:in das Thema geordnet hat und welche Abschnitte des Textes relevant für die eigene Arbeit sind.
Anschließend wird die Einleitung bzw. der erste Abschnitt gelesen, um einen Überblick über die Fragestellung zu erhalten.
Der Hauptteil des Textes wird übersprungen und statt dessen direkt der Schluss gelesen. Dieser kann direkt auf die Fragestellung der Einleitung bezogen werden, um zu sehen, zu welchen Ergebnissen der:die Autor:in gelangt.
Je nach eigener Fragestellung und Interesse können nun weitere Abschnitte aus dem Hauptteil gelesen werden, um die Argumentation im Detail nachzuvollziehen.
Hat man selbst einen konkreten inhaltlichen oder methodischen Schwerpunkt, etwa in Bezug auf eine Hausarbeit oder ein Referat, kann der Text unter einen bestimmten Blickwinkel gelesen und irrelevante Passagen ausgelassen werden. Eine Hilfe kann dabei sein, thematisch nicht einschlägige Passagen mit einem Bleistift durchzustreichen. Eine zusätzliche wichtige Hilfe ist, falls vorhanden, der Stichwortindex.
Suchendes Lesen: Diese Art zielt darauf ab, einen Text möglichst schnell zu lesen und trotzdem wichtige Informationen zu erhalten. Man sollte sich vorher im Klaren sein, welche Wörter oder Begriffe man finden will. Der Text wird danach durchsucht und, wenn die Begriffe nicht vorkommen, vernachlässigt.
Kursorisches Lesen: Ebenfalls eine schnelle Methode. Genauere Details werden wie bei der suchenden Methode vernachlässigt. Es geht darum, den breiteren Zusammenhang und Sinn eines Textes zu erfassen. Als Ergebnis dieses Leseprozesses sollte feststehen, welche Aspekte in dem Text angesprochen werden. Bei dieser Technik überfliegen die Augen nur den Text, es wird nicht Zeile für Zeile gelesen. Die Abbildung zeigt schematisch den Lesefluss beim kursorischen Lesen. Es empfiehlt sich, pro Seite ein bis zwei Stichpunkte aufzuschreiben.
Versuchen Sie nach dem Lesen noch einmal, sich den „Bauplan“ des Textes zu vergegenwärtigen: Mit welchen Punkt fängt es an, wohin geht es von da aus etc. Formulieren Sie für sich auch noch einmal die Kernthese. Wenn das funktioniert, haben Sie den Text einigermaßen sicher im Griff.
Für eine optimale Seminarvorbereitung bzw. Analyse des Textes sollten Sie nach der Erarbeitung eine kritische Auseinandersetzung anschließen. Dies kann zum einen eine Textkritik sein: Ist der Aufbau schlüssig? Werden Prämissen später wieder aufgegriffen? Ist die Argumentation geschlossen? (Sich dafür zu senisibilisieren, kann doppelt hilfreich sein – auch bei der Bewertung Ihrer Hausarbeiten oder Abschlussarbeit spielen solche Dinge eine entscheidende Rolle.) Zum anderen ist im Seminar oftmals gezielt eine sachliche Kritik am Text gefragt: Sind die Prämissen des Textes annehmbar? Sind die Belege schlüssig? Wie ist ggf. das methodische Vorgehen? Werden Werturteile vorgenommen?
Exzerpte
Um die gewonnenen Erkenntnisse dauerhaft zu sichern, ist es sinnvoll, nach der Lektüre zentraler Texte ein Exzerpt anzufertigen. Anhand der gemachten Anstreichungen und Anmerkungen lässt sich schnell erfassen, welche Passagen beim Lesen als wichtig empfunden wurden. Im Exzerpt werden diese Passagen noch einmal knapp in eigenen Worten herausgeschrieben. Dabei ist die Zusammenfassung ein sehr wertvolles Mittel, um die Argumentationslinie eines Textes herauszuarbeiten und ggf. argumentative Schwächen aufzuspüren. Auch Anmerkungen zu eigenen Leseeindrücken, Zustimmung und Widerspruch zu einzelnen Passagen können vermerkt werden. Muss später noch einmal auf den Text zurückgegriffen werden, lässt er sich anhand des Exzerpts sehr schnell vergegenwärtigen. Daher empfiehlt es sich, von gelesenen Texten immer auch ein kurzes Exzerpt zu erstellen, auf das man bei Bedarf zurückgreifen kann. Um das zu einem Text gehörige Exzerpt schnell finden zu können, ist es daher sinnvoll, die Exzerpte mit den bibliographischen Angaben in einer Literaturdatenbank zu speichern. Näheres siehe im Abschnitt Literaturverwaltung.
Für das Exzerpt kann man sich etwa an folgenden Fragen orientieren:
Was ist das Thema des Textes?
Welcher Fragestellung geht der:die Autor:in nach?
Was ist die These in Bezug auf die Fragestellung?
Was ist die Argumentationsstruktur?
Ein gutes Exzerpt fasst die Abschnitte der Textvorlage abstrahierend zusammen. Es geht nicht darum, die wichtigsten Sätze im Text zu identifizieren und in das eigene Dokument zu kopieren, sondern die Inhalte zu größeren Hauptgedanken umzuformulieren. Nur so machen Sie sich den Text wirklich zu eigen und integrieren ihn in Ihr eigenes Wissen. Je nach Struktur des Textes kann auch eine grafische Umsetzung seiner Aussagen zielführend sein.